und ich wünsche …
anwora | Donnerstag, 13. Dezember 2007, 16.16(steinhof in wien, teil 2)
da es ja bald so weit ist, hier eine weihnachtsbeobachtung aus steinhof in wien.
das bedeutet ‚geschichte’ auf holländisch und habe ich diese tage im buch
„allerseelen“ von cees nooteboom gelernt.
die bedeutungsanklänge sind so wunderbar weitreichend wie auf-der-hand-liegend.
heillos verknüpft mit allem was je gewesen ist, ohne die blasseste vorstellung darüber,
was das hieße, und dennoch ständig dazu verflucht das luftschloss der wahrheit mit
frischer farbe zu tünchen und damit eine weitere schicht zwischen uns und die
verstrichene zeit zu bringen;
in redlicher einfältigkeit: geschieden und geschichtet.
ein aspekt zur ironie von geschichte,
den umgang mit geschichte, der geschichte der geschichte:
im ausgehenden barock und beginnenden klassizissmus war es unter adeligen geschlechtern „en vogue“ sich mit zitaten von „geschichte“ zu umgeben: das schloss auf der pfaueninsel in berlin, die „römische ruine“ von schönbrunn in wien sind beispiele dafür. „es ist schon als ruine erbaut worden, […]. nicht erwarten können, einen vorschuss auf die vergangenheit der zukunft nehmen.“ (cees nooteboom)
und nun wird dieses konstruierte (erfundene !), barocke herbeizitieren der geschichte selbst zum anlass der geschichtsforschung und in aufwändigen bemühungen erforschen und rekonstruieren wir die allüre eines geschichtsbildes.
siehe:—> BDA “römische ruine”
geschichte ist eine infinite „babuschka“.
und:
zu tränen rührend, wunderschön:
„Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.“
(Walter Benjamin. Gesammelte Schriften. Band I/2. S. 697f)
—> am besten in der vertonung von „einstürzende neubauten – berlin babylon“
p.p.s.:
eine aufgeschnappten verabschiedungsformel der nicht so üblichen art:
” bis bald! und lass dich nicht enttäuschen!”
ja, andré
es gibt menschen, mit denen gerät einfach jede begegnung zu einem
spontanen theater! und, das war eine gute vorstellung! ;-)
gestern, knapp bevor sie unter den horizont getaucht ist.
das hätte ich ihr wirklich nicht zugetraut:
… ja ich bin mir sicher.
samuel beckett ist bei einem heurigen reinkarniert,
sitzt dort, so wie heute hinter mir, trinkt bisamberger weisswein und
gibt kleine kostproben seiner bühnenkunst
(er dichtet neuerdings in mundart!):
Er: “Najo … ?!
(Schweigen, dann…)
Sie: “Woa des a Schwoim?”
(Er hebt müde den Kopf gegen den bewölkten Himmel.
Ein schwarzer Punkt verschwindet hinter einem Dach.)
Er: (zögerlich) “Na.” (Pause) “Glaub i ned.”
Sie: “Mhm. Schwoim sichst jo a kane mehr.”
(langes Schweigen)
Sie: “Najo, ist nimma wia frihra.”
Er: (leicht belehrend) “Tua ned nochdenken!”
Sie: (mit einem leisen Anflug beleidigter Entrüstung) “Na! … i tua jo e ned nochdenken.”
(Schweigen. Beide trinken Wein.)
“the other side of vienna” – dort wo wien, nocheinmal ganz anders ist.
—> hier noch etwas mehr